Oikocredit Studienreise nach Uganda
Vom 27. Februar bis 6. März 2010 war Gerhard Bissinger in Uganda auf einer Mikrofinanzstudienreise, die von Oikocredit zum Thema: “Der Beitrag der Mikrofinanzierung zum nachhaltigen Aufbau einer Existenz für Frauen in Uganda” organisiert wurde. Er besuchte sowohl Mikrofinanzistitutionen als auch deren KundInnen vor Ort und sprach mit ihnen über ihre Erfahrungen mit den erhaltenen Mikrokrediten.
Oikocredit Uganda vergibt Kredite an 25 (Mikrofinanz-)Organisationen im Land mit einer Gesamtsumme von 16 Mio. Euro.
Eine Mikrofinanzinstitution: Remode (Kampala)
Dass die Mikrokredite Frauen in Uganda helfen, ein eigene Existenz aufzubauen, wurde beim Besuch des Mikrofinanzinstitutes Remode (Gründerinnen sind ebenfalls drei Frauen, die mit ihren Vornamen Rehema, Momo und Devota dem Institut den Namen geben) deutlich: Insgesamt verleiht Remode 370.000 Euro, die ausnahmslos von Oikocredit stammen. Momo meinte dazu: „Wenn man mehr als einen Partner hat, ist das schwierig. Sie wollen sich dann einmischen und Dir sagen, wie du dein Institut zu leiten hast. Mehr als einer ist nicht gut.“ Auch bei den Ausleihungen verfolgt Remode diese Strategie: Es gibt Individualkredite und keine Gruppenkredite, wie es in vielen Mikrofinanzorganisationen insbesondere auf dem Lande in Uganda üblich ist.
Die Rückzahlungsquote bei REMODE liegt bei 98 % und das bei 600 bis zeitweise 900 Kunden, von denen ca. 65% Frauen sind. Lediglich 5% der Kreditnehmer sind Analphabeten. Neben dem weiblichen Dreigestirn in der Leitung sind auch bei den 9 Beschäftigten die Frauen mit 5:4 gleichberechtigt vertreten. Die Auswahl der Kunden erfolgt nach Prüfung des Businessplanes sehr sorgfältig. Ein eigenes kleines Geschäft ist Voraussetzung für die Vergabe des Mikrokredites. Die neuen KreditnehmerInnen kommen meist auf Empfehlung von anderen Kunden. Werbung muss Remode daher nicht machen. Es wird insbesondere geprüft ob die Kreditnehmer woanders Kredit aufgenommen haben, um Überschuldungen zu vermeiden. Jeweils einmal im Monat erfolgt ein halbtägiges Training in Networking, Familienplanung, Finanzen, Erziehung und Marketing. Remode hat stets Zeit für die KundInnen und berät bei Problemen und verlängert Laufzeiten, wenn nötig. Diese besondere Qualität von Remode zeigt sich immer dann, wenn bei Zahlungsschwierigkeiten die normalen Banken – und auch andere Mikrofinanzinstitute – sofort die Sicherheiten ihrer Kreditnehmer verwerten und den Kredit kündigen. Bei Remode wird zunächst immer gemeinsam mit dem Kreditnehmer nach Lösungen gesucht. Das wird unserer Gruppe übereinstimmend von den Kunden bestätigt.
Remode hat für die Zukunft die Vision eine Art „Bausparkasse für die Armen“ zu eröffnen, wo mittels 7500,- Euro ein kleines Haus mit 3–4 Zimmern incl. Land erworben werden kann. Die “Bausparer” haben ca. 50 Euro Einkommen/Monat und werden über 25 Jahre bei geringen Zinsen diese Häuser abzahlen können. Es ist geplant ca. 100 Häuser für die Armen auf diese Art und Weise zu errichten.
Eine Kreditnehmerin : Violet Namuli (Schulleiterin)
Eine Kundin von Remode ist seit 1997 Violet Namuli, die 1991 die Treeshade Primary School zusammen mit ihrem Bruder für arme Familien gegründet hat und inzwischen mit Hilfe von Mikrokrediten von anfänglich 2 Lehrern mit 30 Schülern auf nunmehr 30 Lehrer und 700 Schüler aufgestockt hat. Die Schule hat zunächst eigenes Land für umgerechnet zweitausend Euro erworben und darauf über die Jahre mit den Mikrokrediten einige Gebäude errichtet, platzt aber wegen ihrem großen Erfolg aus allen Nähten (die Klassenstärken liegen bei ca. 50 Kindern!). In Uganda versuchen alle Familien ihre Kinder auf Privatschulen zu schicken, da die Qualität der staatlichen Schulen völlig unzureichend ist. 80 der Schüler in der Treeshade Primary School besuchen die Schule als Internat. Sie kommen z.T. weit her, u.a. aus dem Sudan. Die Schulgebühr beträgt für ein Trimester 51 Euro, mit Internatsleistung das Doppelte. „Normale Privatschulen nehmen den fünffachen Betrag“, berichtet uns Violet Namuli. Sie hat zur Zeit einen Kredit über 3 Mio. Uganda Schilling, – umgerechnet 1100 Euro -, den Sie möglichst schnell zurückzahlen will, denn Sie hat große Bedenken Verluste zu erwirtschaften und ihren Kredit nicht bedienen zu können. Dies kann der Fall sein, wenn Eltern mit ihren Kindern wegziehen und das Schulgeld schuldig bleiben. In solchen Fällen besteht für sie keine Aussicht, das Geld zu bekommen.
Meist leiht sie zu Beginn des Schuljahres einen Betrag, den sie nach Eingang des Schulgeldes seitens der Eltern dann wieder tilgt. Sie besucht regelmäßig das Training der REMODE Organisation und sagt uns, dass Sie dort immer wieder dazulernt. Als Beispiel führt sie auf, dass sie alle Gelder, die sie bei Spendenaktionen und Veranstaltungen einnimmt, erst einmal bei der Bank einzahlt und erst dann alle Ausgaben von diesem Konto begleicht. Dieses Vorgehen ermögliche ihr eine gute Übersicht über Einnahmen und Ausgaben.
Sie leiht sich grundsätzlich kein Geld bei einer „normalen“ Bank und finanziert alles über Remode. Die beiden Frauen, Momo und Violet kennen sich nunmehr seit 13 Jahren und die Zusammenarbeit ist vertrauensvoll und beständig.
Violets größter Wunsch ist, dass die Schule weiter expandieren kann – insbesondere der Neubau von Klassenzimmern, den sie mit einem neuen Kredit von Remode finanzieren möchte – und dass sie in Kampala weiter bekannt wird. Zukünftig will sie deshalb kleine Büros in Kampala eröffnen, um für Ihre Schule zu werben.
Die Stimmung in der Schule ist fröhlich und es herrscht eine gute Atmosphäre. Besonders bewegend für unsere Gruppe war ein kleiner Junge, der uns neugierig, aber verschüchtert beim Rundgang in der Schule folgenden handschriftlichen Brief in die Hand drückte:
„Dear Sir, how are you, are you fine? I’m in P7 (7.Klasse) and we do not have enough money and I know football and I got shirts, shoes and many more. I beg you to help me and visit me, so that I can tell you more, but I want you to educate me in football. From Denis Nkudi”
Gerhard Bissinger (Partner von Just Capital)